Logo Café Hinterhof
evangelisches Jugendzentrum
Logo

Du bist hier: Projekte » Ghana Reisetagebuch » Tagesbericht

Dienstag, den 14.8.2001

Eines unserer Anliegen hier auf unserer Reise etwas jenseits der Touristenpfade waren Jugendbegegnungen, und wo könnte man das besser als in einer einheimischen Schule. Wir organisierten also einen Besuch in der örtlichen Gouvernement School in Nyanyano. Auf dem Weg dorthin immer wieder Frauen in einheimischer Tracht mit immensen Lasten auf dem Kopf: riesige Schüsseln mit Gemüse, Früchten, große Bündel Holz. Wie hält das die Wirbelsäule aus? Ziegen liegen im Staub, Hühner mit Küken trippeln hektisch davon, kleine Kinder rufen uns ihr ?Hallo? und schon mal ?Give me money? entgegen. Häuser, kleine Kioske, runde Lehmöfen prägen das Bild, dazwischen immer wieder Hühner, Ziegen, magere Hunde. Viele der Menschen sind freundlich. Schon mehrere hundert Meter vor der Schule begegnen uns die ersten Kinder in der landesüblichen Schulkleidung: braune Hose oder Rock und hellorange Blusen. Die Schule ist ein Flachbau in den selben Farben, die Wände teilweise mosaikartig durchbrochen, um eine gute Luftzirkulation zu haben, davor die ghanaische Flagge. Nun ein Riesenhallo, Eco, ein Mitarbeiter des Kasapa-Centers, arrangiert für uns die Teilnahme an einer Englischstunde. Der Lehrer, klein, schlank, mit Metallbrille, sprüht vor Energie und Spontaneität. Das ?Simple Present Tense? ist dran, er erklärt sehr plastisch, was ein Verb ist, läßt Schüler und auch Leute von uns Tätigkeiten ausführen, immer wieder Chorsprechen, bezieht auch deutsche Übersetzungen mit ein, was mit Begeisterung und Klatschen quittiert wird. Die Kinder sind voll dabei, und die Stunde vergeht wie im Flug. Wir übergeben dem Lehrer Schulmaterialien für die Klasse und gehen dann für eine Stunde in den Religionsunterricht. Hier das Thema ?Religion und Moral?, dazu ?Rechte und Pflichten der Kinder?. Makaber, daß der Lehrer gerade bei diesem Thema seinen Fragen immer wieder mit dem Stock Nachdruck verleiht, den er bei falscher Antwort oder Unaufmerksamkeit auch schon mal schmerzhaft über Schülerhände und Rücken schnipsen läßt. Auf unsere irritierte Nachfrage erklärt er stolz, daß es z.B. für Zuspätkommen vier, für Schwänzen sechs und für Stehlen sogar zwölf Rutenhiebe gäbe. Wir sind betroffen, erklären den Kindern in unserer Nähe leise, daß es das bei uns nicht gibt. Inzwischen entsteht ein Tafelbild:

Rights of a child: freedom of education, freedom of speech, right to join the community
Duties: work hard at school, sweeping, be a good member of the community

Eine Erklärung unter anderem: wenn ich über jemanden lästere, weil er zu kleine Augen, einen zu großen Kopf hat, so ist das Gotteslästerung, weil Gott hat denjenigen so geschaffen, wie er ist. Insgesamt ist dieser Unterricht für uns so ermüdend, ja quälend wie für die Schüler auch, so daß wir beim Pausenzeichen erleichtert aufstehen. Die Schulsekretärin sagt uns noch, daß unsere mitgebrachten Dinge bei einem Wettbewerb als Preise für die besten Schüler genommen würden. Beim Verlassen der Schule denke ich, daß es unseren Kindern vielleicht manchmal eine heilsame Erfahrung wäre, mal für eine Stunde auf den harten Bänken eines sehr spartanischen Klassenzimmers zu sitzen ...
Carla


Info-Plakate